Die britischen Inseln stehen schon lange auf unserer Reiseliste – 2016 starteten wir endlich den ersten Anlauf und nahmen die Fähre von Calais nach Dover. Unser Abenteuer startete bereits am Fährterminal von Calais, denn beim einchecken stellten wir fest, dass wir den Kinderausweis von unserem Sohn daheim vergessen hatten…GB gehörte auch vor dem Brexit-Votum nicht zum Schengen-Raum, und somit war klar, dass eine Einreise ohne Ausweisdokumente nicht möglich sein würde. Unser Roadtrip fiel genau in die Zeit kurz vor der Abstimmung zum Austritt aus der EU – von der gespaltenen Stimmung auf der Insel sollten wir in den folgenden Wochen noch einiges mitbekommen. Aber zurück zur Einreise: Ein freundlicher Grenzer offerierte uns überraschend die Möglichkeit, seinen Chef unter Umständen mit einer Kopie des Ausweisdokumentes unseres Sohnes überzeugen zu können…Kaum zu glauben, aber wahr. Also klemmten wir uns ans Telefon und instruierten unsere Nachbarn daheim, unser Arbeitszimmer zu durchwühlen um den Kinderausweis einzuscannen und per Mail an den Zollschalter zu mailen. Tatsächlich hielten wir eine halbe Stunde später die ausgedruckte Ausweiskopie in den Händen und man ließ uns auf die Fähre. Bitte nicht nachmachen, funktioniert normalerweise nicht – man muss auch mal Glück haben! Die Reservierung einer Fähre auf der Route Calais-Dover stellte sich übrigens als nicht notwendig heraus.
Unseren ersten Stop legten wir bei meinem italienischen Surfkumpel Michele ein, der gemeinsam mit seiner Frau Christina eine traumhafte alte Wassermühle südlich von London bewohnt. Michele ist ein erfolgreicher Illustrator & Comiczeichner und ein wahrer Cosmopolit – Christina und er haben in Spanien, Amsterdam und in den USA gelebt, wo Michele sogar mit Norman Reedus (Der blutige Pfad Gottes/ The Walking Dead, etc.) zusammenarbeiten durfte.
So genossen wir an unserem ersten Abend eher das süße italienische Leben anstatt eines britischen Dinners.
Bald darauf starteten wir in Richtung North Devon, wo ich einige Surfspots checken wollte. Croyde zählt zu den populärsten Surfstränden in Region.
Ocean-Pitch-Campsite liegt direkt am Spot, hier haben wir einige Tage verbracht. Der Morgen nach dem Brexit-Votum ist uns in Erinnerung geblieben, weil die Gleichgültigkeit der Einheimischen auffällig war: Einzig die ausländischen Campingtouristen – Holländer, Deutsche, etc. standen morgens mit uns am Wifi-Spot des Platzes und diskutierten über die Konzequenzen des Votums. Die jüngeren Leute aus dem Ort und auch die Surfer, mit denen ich im Wasser darüber sprach, hatten keine Meinung dazu. Mich wunderte das besonders deshalb, weil später in den Medien berichtet wurde, bei dem Votum habe die Gesinnung der Alten über das junge Großbritannien gesiegt – den jungen Leuten, mit denen wir vor Ort gesprochen haben, war das Ergebnis jedoch erschreckend egal.
Der Reiseführer „Cool Campings Britain“ lieferte eine spannende Auswahl an atmosphärischen Plätzen zum übernachten und ist sehr zu empfehlen. Die Preise der Plätze dürften im europäischen Vergleich eher im oberen Bereich angesiedelt sein, 40 Pfund pro Nacht für eine Familie mit Bus ist hier keine Seltenheit gewesen. Der Glamping-Hype tut sein übriges, auf einem Platz wurden sogar Tipis mit Fußbodenheizung und Lieferservice vom Supermarkt angeboten. Nicht unser Ding. Freies Camping gestaltet sich eher schwierig, man muss schon richtig lange suchen, um geeignete Plätze zu finden. Größere Campingfahrzeuge können auf dem Weg durch Felder und Dörfer zur Herausforderung werden – mit einem Kastenwagen mittlerer Größe hat man jedoch keine Probleme. Tatsächlich ist man mit einem Jeep oder einem kleinen Bulli aber am unbeschwertesten unterwegs an der Westküste Englands – klassischen alten VW-Bussen begegnet man an jeder Ecke. Die Regenhäufigkeit der Region haben auch wir zu spüren bekommen, dafür entschädigt aber das beeindruckend satte Grün der Hügel und Wiesen. Das Columbus-Hartschalendachzelt von Autohome, welches wir auf diesem Trip dabei hatten, diente unserem Sohn als Kinderzimmer und erwies sich als gut geeignet auch für wetterunbeständige Reiseziele. Detaillierte Eindrücke von mir zu diesem Dachzelt gibt es demnächst in einem separaten Artikel. In der zweiten Hälfte unserer Reisezeit nahmen die Regenfälle dann aber derart zu, dass wir die Weiterreise nach Wales – wo ich vorgehabt hatte die künstliche Snowdonia-Welle zu surfen – kurzerhand verwarfen und stattdessen kehrt machten und den Rest der Zeit bei Freunden in Frankreich an der Atlantikküste verbrachten.
In Pas des Calais besuchten wir unsere Freunde Anna & Christian in einem wunderschönen Landhaus und fuhren dann weiter zu meiner Freundin Anja aus Studienzeiten, die mit Ihrer Familie auf der Il de Rè Station machte. Auf der Il de Rè war die Wellenausbeute etwas mager, dafür hatte ich endlich mal Gelegenheit Jetski zu fahren, das wollte ich schon als Kind mal probieren. Was für ein Spaß! Auf der Rückreise legten wir noch einen Stop im normannischen Surfdorado Etretat ein, wo wir Susanns Vater auf seinem Weg in den wohlverdienten Ruhestand besuchten. In seinem Monstermobil, einem amerikanischen Triple-E mit Ford V10 und F53-Chassis, konnten wir dann das Halbfinale der Fußball-EM verfolgen und mussten uns dem französischen Team geschlagen geben. Ein Grund nach Hause zu fahren? Nö! Vive la France!
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Hallo Jelto,
ein wirklich sehr gelungener Beitrag mit tollen Fotos. Ich habe ihn sehr gerne gelesen. Ich habe vor einiger Zeit schon einmal Deinen Blog durchstöbert, weil ich auch ein Dachzelt “Columbus” von Autohome besitze, das ich auf unserem Bus installieren wollte. Über die Suchbegriffe “Sprinter” und “Dachzelt” bin ich dort gelandet. Seinerzeit hattet Ihr aber noch ein Eigenbau-Dachzelt auf dem Wagen. Was ist daraus geworden?
Wir sind sehr glücklich mit unserem “Columbus”, das wir jetzt schon auf dem zweiten Fahrzeug verbaut haben. Freue mich schon auf Deinen Bericht zum Dachzelt.
Wenn es Dich interessiert, wie das Ganze bei uns aussieht…
http://randolph-blog.de/2017/03/der-zweite-bus-die-beschaffung-des-basisfahrzeugs/
Schade, dass wir mit unserem Ausbau schon durch sind. Wenn wir allerdings an unserem Bus Änderungen oder Renovierungen planen, werden wir uns sicher bei Dir melden. Alles Gute für Deine Werkstatt!
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